Treffen der Heimatortsgemeinschaften Weprowatz und Batsch am 07. Mai 2011 in Sindelfingen

Zum diesjährigen Heimattreffen wurde neben den Landsleuten aus den beiden Gemeinden auch eine offizielle Delegation – Bürgermeister Svetozar Bukvić aus Kula, Sekretar Nenad Vlahović aus Kruščić und der Direktor des Sozialamtes Kula und Mitglied des Vorstandes des serbischen Kulturvereins Kruščić Ranko Spanjević sowie Vojin Mitrić –, die zu einem Gegenbesuch in Deutschland weilte, eingeladen. Die ebenfalls eingeladenen Gäste Familie Papajcik, Radislav Rabrenović, Aurelia Bulatović und Sohn, die leider kurzfristig absagen mussten, bedauerten dies sehr und baten darum, die Besucher des Treffens herzlich von ihnen zu grüßen.

 

Sepp Keßler begrüßte alle Anwesenden sehr herzlich und übergab dann das Wort an Heinz Kaldi. Auch das Ehepaar Joachim und Hermine Lange geb. Klumpner aus Toronto in Kanada – die bei ihrer Godel Maria Pollich-Klumpner in Waiblingen zu Besuch waren – nahmen am Treffen teil.

 

Da Frau Mojem kurzfristig verhindert war, erklärte sich der Bundesvorsitzende der Donauschwaben, Hans Supritz, spontan bereit, die Festansprache zu halten.

Hans Supritz, der die serbische Sprache perfekt beherrscht, konnte die Gäste in ihrer Muttersprache begrüßen. Stellvertretend für viele Landsleute berichtete er über seinen Lebensweg, der bei sehr vielen ähnlich gewesen ist. Er ist noch von der Erlebnisgeneration, stammt aus Palanka, hat verschiedene Vernichtungslager – zuletzt Jarek – erlebt, nur serbische oder ungarische Schulbildung erhalten und erreichte 1954 über das Durchgangslager Piding Deutschland und landete schließlich mit seinen Eltern Ulm/Donau, denn als Kinder der Donau wollten sie wieder an die Donau. Die Nachkriegszeit als Flüchtlingskind war hart. Über nur ein Jahr deutsche Schule, eine Lehre und den zweiten Bildungsweg wurde das Abitur nachgeholt, ein Studium zum Dipl.-Ingenieur der Elektrotechnik folgte. Dann erzählte er, was ihn bewog, sich für die Donauschwaben einzusetzen. Bei Heimattreffen in den achtziger Jahren hat er Menschen getroffen, die von Übersee und Australien angereist waren, nur um für 2 Tage ihre Landsleute zu treffen. Er erlebte die starke familiäre Gemeinschaft und fand, dass dieser Zusammenhalt erhalten bleiben müsse. Obwohl bereits seit 30 Jahre befürchtet wird, dass diese Begegnungen aussterben, kommen heute immer noch Leute zusammen, um sich in heimatlicher Atmosphäre auszutauschen. Wenn wir beklagen, dass immer weniger kommen – viele können altershalber nicht mehr reisen –, ist dies immer mit einem weinenden und einem lachenden Auge zu betrachten. Die Politiker loben die erfolgreiche Integration der Donauschwaben, die so schnell Fuß gefasst haben. Unsere Kinder haben eine gute Ausbildung und sich ihren eigenen Lebenskreis geschaffen. Geblieben ist, was sie gelernt haben: Verantwortung übernehmen, Disziplin, Durchhaltevermögen, Sparen, und einen ordentlichen Umgang im Elternhaus. Essen (und auch Kochen) tun sie besonders gern die alten donauschwäbischen Gerichte, die sie von der Oma und Mutter kennen. Man darf nicht nur klagen. Wenn man betrachtet, was die einzelnen Heimatortsgemeinschaften geleistet haben – fast alle haben Heimatbücher geschrieben –, können wir auf diese Bilanz stolz sein. Das Land Baden-Württemberg hat im Jahr 1954 die Patenschaft über die gesamte Volksgruppe der Donauschwaben übernommen.

 

Folgende donauschwäbischen Zentren sind entstanden:

– Haus der Donauschwaben in Sindelfingen

– Donauschwäbische Kulturstiftung des Landes Baden-Württemberg mit Sitz in Stuttgart

– Donauschwäbische Kulturstiftung mit Sitz in München

– Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde in Tübingen

– Donauschwäbisches Zentralmuseum in Ulm

– Johannes-Künzig-Institut für osteuropäische Volkskunde in Freiburg

 

Diese Einrichtungen bilden die Basis von alle dem, dass wir so lange am Leben geblieben sind. Er nahm die Gelegenheit wahr, auf den Weltdachverband der Donauschwaben, der seinen Sitz im Haus der Donauschwaben in Sindelfingen hat, hinzuweisen. Dieses Haus war das erste Haus, das Weltheimathaus der Donauschwaben geworden ist. Hier weiß man über die Donauschwaben in den USA, Kanada, Australien, Brasilien, Neuseeland, Österreich, Deutschland, Serbien, Kroatien – also weltweit – Bescheid. Donauschwaben sind stille, fleißige, kreative und effizient arbeitende Menschen.

 

Baden-Württemberg ist der aktivste Landesverband in Deutschland mit den besten Rahmenbedingungen. Die Anerkennung der donauschwäbischen Leistung ist sehr hoch. Hier leben die meisten, nämlich 42 % aller Vertriebenen aus dem Südosten. Nach Öffnung des Eisernen Vorhanges begannen wir mit grenzüberschreitenden Maßnahmen. Trotzdem werden wir nie unsere Toten vergessen: Kinder, Mütter, Greise, die dort elend zu Grunde gegangen sind. Wir haben die Hand ausgestreckt nach Serbien. Seither gibt es diesen wunderbaren Austausch; heute haben wir hier Gäste aus Weprowatz zu Besuch. Er werde immer wieder gefragt, wieso er serbisch spreche, nachdem den Donauschwaben so viel Leid angetan wurde. Seine Antwort ist: Es gibt keine kollektive Schuld, nie alle Serben und nie alle Deutschen sind schuldig. Es gibt nur einzelne Menschen, die Schuld auf sich geladen haben. Im südosteuropäischen Donauraum haben Serben und Deutsche über 200 Jahre friedlich zusammen gelebt. Sie haben sich gegenseitig respektiert. Nur ein Beispiel: Wenn die Serben einen Feiertag hatten, hat kein Deutscher einen Hammer in die Hand genommen und umgekehrt genauso. Es gibt aber leider auch die ewig Gestrigen.

Er wünschte weiterhin einen harmonischen Verlauf, grüßte alle Donauschwaben, die heute nicht kommen konnten. Wir können stolz auf die Erlebnisgeneration und auf unsere Ahnen sein!

 

Heinz Kaldi bedankte sich für die interessante Ansprache über eigene Erlebnisse und über den Dachverband. Dann fuhr er im Programm mit Informationen fort: Als erstes bedankte er sich sehr herzlich bei Vojin Mitrić, dem es zu verdanken sei, dass 2009 die Gedenkstätte auf dem Deutschen Friedhof errichtet und die Einweihung stattfinden konnte. Die Gesamtkosten beliefen sich auf rd. 10.500 €, die mit Spendengeldern gedeckt werden konnten. Er ist unser bester Mann in Kruščić, der alle Angaben vor Ort mit Einsatz und Engagement umgesetzt hat. Mit den Weprowatzer Heimatblättern 2010 wurde auch ein Heft von Katharina Längle, John Gross und Paul Scherer „Der Deutsche Friedhof in Weprowatz" versandt. Seither sind rd. 5.000 € an Spenden für Kosten der allgemeinen Pflege eingegangen, darunter Einzelspender in beträchtlichem Umfang. Ein herzlichen Vergelt's Gott allen Spendern.

Bis August 2011 wolle Vojin Mitrić mit seinen Arbeitern einen Großteil des Friedhofs parkähnlich darstellen. Davor müsse ein Abfallhügel abgetragen, das Gelände eingeebnet, Erde aufgefüllt und Grassamen eingebracht werden. Außerdem wurden Büsche und 4 Bäume gepflanzt und Bänke aufgestellt.

 

Der Bus für die Reise nach Weprowatz vom 18. – 24. August 2011 sei voll; es gebe eine Warteliste. Die Fahrt gehe am ersten Tag (18.) über Nürnberg, München (Hauptbahnhof), Passau nach Wien. Am 19. Weiterreise nach Apatin. Am Samstag und Sonntag (20. und 21.) sind wir in Weprowatz mit Ablauf wie in den letzten Jahren, jeweils mit Mittagessen im Spital, Kirchweihgottesdienst und Ball. Am Montag (22.) fahren wir nach Jarek. Eine Lehrerin wird uns um 10 Uhr über die Geschichte und das Ausmaß des Vernichtungslagers Jarek erzählen. Danach Weiterfahrt nach Novi Sad, Peterwardein und den Wallfahrtsort Mariä Schnee. Die nächsten beiden Tage Heimfahrt.

 

Dann richtete Bürgermeister Bukvić aus Kula Grußworte an die Festgemeinde, die von Paul Scherer übersetzt wurden:

"Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde und ehemalige Bewohner von Weprowatz, es ist mir eine große Ehre, sie im Namen der kleinen Delegation begrüßen zu dürfen. Kruščić hat heute ca. 2.500 Einwohner, die Verbandsgemeinde Kula ca. 45.000 Einwohner, zu der neben der Stadt Kula sieben weitere Gemeinden gehören – davon vier Gemeinden, darunter auch Weprowatz, mit ehemals überwiegend deutscher Bevölkerung. Der II. Weltkrieg hat uns getrennt. Die freundschaftlichen Beziehungen der Bevölkerung sind geblieben. Wir sind hierher gekommen, um an dieser Stelle Ehre den Toten und den Opfern durch die Vorkommnisse, die sich 1944 ereignet haben, zu bekunden. Wir bitten herzlich um Entschuldigung und wünschen allen Toten eine friedvolle, stille Ruhe. Wir wünschen Ihnen allen Zufriedenheit und dass die Verbindung gepflegt und bestehen bleiben möge. Wir erwarten Sie als Gäste mit dem Autobus und darüber hinaus. Sie sind herzlich eingeladen, wir bemühen uns."

 

Anschließend ging es nach draußen auf den Ehrenhof, dem großen symbolischen donauschwäbischen Zentralfriedhof für alle Toten, besonders aber für jene, die keine würdige Ruhestätte gefunden haben. Und wie jedes Jahr wurde eine schöne Blumenschale vor die Gedenktafel gestellt. Die Gäste aus Serbien hatten einen Kranz mitgebracht, der ebenfalls niedergelegt wurde. Barbara Büttner sprach Gedenkworte, Elfriede Seiler las die Fürbitten und alle Besucher sangen zwei Strophen des Liedes „Großer Gott wir loben dich".

 

Vor dem Mittagessen wurden wieder auf der Treppe vor dem Haus Gruppenfotos gemacht. Gleich nach dem Mittagessen führte Hans Supritz die Gäste durch das Haus der Donauschwaben. Selbstgebackene Kuchen und Torten waren reichlich vorhanden, die am Nachmittag zum Kaffee serviert wurden. Gegen 15 Uhr führte die donauschwäbische Tanz- und Trachtengruppe Backnang mehrere Tänze auf, was guten Anklang fand. Mit angeregten Unterhaltungen verging rasch die Zeit. Bei der Verabschiedung hörte man: „Alles Gute bis zum nächsten Jahr".